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SVEAS ERSTER TAG • MEIN GEBURTSBERICHT

Aktualisiert: 28. Feb. 2019

Es ist Donnerstag, der 14.12. 03:58 Uhr und ich sitze kerzengerade im Bett. Unter mir ein kleiner Schwapp Flüssigkeit...omg, das muss Fruchtwasser sein! Es ist soweit, heute wirst du zur Welt kommen, kleine Maus.


Dienstag und Mittwoch haben wir noch genutzt, um kleine Einkäufe zu erledigen. Ein Schlafsack da, ein paar Strampler dort und diverses Futter für die Tage nach der Klinik... sehr sinnvoll! Mittwoch war besonders lustig, weil ich mir noch einmal König der Löwen Teil 2 (ein Zeichen?) angeschaut habe, ich liebe die Disney Filme und kann alle Liedtexte immer noch in und auswendig. Wer hier ist noch so verrückt? 


Und dann ist auch schon Donnerstag, der Tag, und ich wache auf, durch ein merkwürdiges Gefühl unter meinem Po. Es ist feucht, nicht so richtig nass, aber es fühlt sich so an, als hätte ich ein wenig Flüssigkeit verloren. Ich richte mich auf und fasse unter mich: kein Blut und bettlägerig bin ich auch noch nicht. Es ist Fruchtwasser, ich gehe davon aus, dass meine Fruchtblase geplatzt ist. Da du, mein Mäuschen, sehr weit im Becken nach unten liegst, muss es auch kein Riesenschwall sein. Also verdaue ich kurz den ersten Schock und versuche mich zu entspannen. Überraschenderweise gelingt mir das sehr fix und souverän. Ich gehe ins Bad, mache mich frisch und wecke dann meinen Liebling. Er ist sehr verschlafen, klar, es ist gerade mal 4:10 Uhr, warum auch nicht? Aber als ich ihm verkünde, dass meine Fruchtblase geplatzt ist, wird er hellwach und hibbelig. Was nun?


Ich weiß es nicht. Ich glaube, wir legen uns nochmal hin und warten bis morgens, um dann in die Geburtsklinik zu fahren. Das erscheint mir gesünder, dann sind wir beide auch munter und ausgeschlafen und können die Zeit zu Hause nochmal genauso verbringen wie wir das möchten. Aber ich rufe zur Sicherheit nochmal in der Klinik an. 

Gut gemacht! Die Hebamme im Kreißsaal hat mir genau das gesagt, was ich zuvor schon dachte. Wir könnten jetzt kommen, wir können uns aber gern auch noch Zeit lassen, wenn das möglich ist (nicht möglich, falls zu krasse Wehen im Abstand von 5 Minuten oder Blut wird ausgeschieden, was ja nicht der Fall ist). Also krieche ich ins Bett, kuschele mich an meinen Freund, aufgeregt und mit einem Riesenlächeln im Gesicht, denn ich weiß, JETZT GEHT ES LOS!


8 Uhr kann ich nicht mehr. Ich liege sowieso seit einer Stunde halbwach herum und kann an nichts anderes mehr denken. Außerdem habe ich Wehen, manno man. Und sie kommen schon alle 6 Minuten. Seit wann? Was soll das? Und wieso fühlen die sich doch so unheimlich eklig an??? Da ich kaum Periodenschmerzen habe, kenne ich diesen Schmerz schon mal gar nicht. In etwa wie ein Messerhammer im Uterus, der unten, an der Seite und oben am Bauch drückt, hämmert und auf jeden Fall da nicht sein sollte. 

Mist, wir müssen noch tanken, ehrlich jetzt?? Aber es geht nicht anders, sonst bleiben wir womöglich noch irgendwo stehen und müssen, oh wie peinlich, den Notarzt rufen... geht nicht. Also ab zur Tankstelle und wie süß, Thomas bringt mir ein Snickers-Eis mit, der Liebe!! Dann wird es sehr ungemütlich, die Fahrt fühlt sich ewig an, es ist ja auch Berufsverkehr und Stau, und anstelle der sonst 25  Minuten, brauchen wir mit Tanken und Verkehr knapp 45 Minuten. Gerade jetzt! Ich habe echt Schmerzen. Es geht zwar, da nur alle 6 Minuten, aber die halbe Minute, die es schmerzt, leide ich. Doch ich versuche ruhig zu bleiben und zu atmen. Es gelingt mir so halbwegs.


In der Klinik angekommen, ahne ich noch nicht, dass wir darin länger als erwartet sein werden. Wir melden uns an der Anmeldung und werden sofort in den Kreißsaal geschickt. Oben angekommen, geht es schnell. Wir bekommen sofort ein Zimmer, ein Entbindungszimmer, also einen eigenen, meinen, Kreißsaal, da die Zimmer auf der Station derzeit noch belegt sind und die Entbindung laut Hebammen noch etwas auf sich warten lässt. Aber für das CTG soll ich mich auf die Liege legen. Es schreibt auf und misst die ersten Wehen, die tatsächlich schon alle 4 Minuten kommen. Beim Ertasten wird aber festgestellt, dass ich erst 2 Zentimeter geöffnet bin. Na toll, dann müssen wir wohl noch warten. 

Plötzlich wird mir aber übel und Thomas erhascht noch fix den Mülleimer, in den ich dann auch von ganzem Herzen hineinbreche. Ekelhaft! Aber es war unmöglich das zurückzuhalten. 


Jetzt wird es ernst. Die Hebammen, eine junge Schülerin und eine sehr erfahrene, machen den Raum nun doch für mich zurecht. Auf einmal bin ich der Mittelpunkt, wir werden hier entbinden. Noch nicht gleich, aber heute, das spüre ich. Wie ich entbinden möchte, werde ich gefragt, nun am liebsten so, dass die Schwerkraft mithelfen kann: also auf dem Geburtshocker oder in dem Tuch. So soll es sein. Ich weiß nicht mehr genau, was jetzt alles passiert ist, aber bis ca. 15 Uhr saß Thomas neben mir, hat mir Musik angemacht, hat mich unterhalten, wir haben uns unterhalten und über die "Zeit danach" philosophiert. Ich hatte Schmerzen, unendliche Schmerzen, ja, aber es ging, ich konnte sie wegatmen. Und das Zäpfchen half auch ein bisschen, naja, so semi. Das CTG wurde noch mehrmals überprüft. Und die Hebamme kontrollierte nochmal den Muttermund. 9cm. Waaaaaassss???? So schnell? Und so weit schon? Kacke verdammt, aber keiner weiß wie lang das noch dauert! Also entscheide ich mich hier und jetzt zur PDA. Im Nachhinein die beste Entscheidung, glaubt mir, macht das, falls möglich, es lässt euch die Geburt wie "auf Watte schweben" erscheinen. Ich bereue es nicht und finde, dass Frauen, die ganz ohne Hilfsmittel gebären, Heldinnen sind! 


Der Frauenarzt eilt herbei, unterrichtet mich nochmal über die Risiken und Nebenwirkungen, die ich bereits recherchiert habe und lasse mir schließlich das Ding in den Rücken rammen. Autschi, aber ok. Kurz danach fühle ich mich merkwürdig, so leicht taub da unten und irgendwie beschwippst. Lustig und herrlich. Ich spüre keinen Schmerz mehr. Irgendwas wie eine Wehe, ja, aber es fühlt sich eher an wie eine kleine Miniwelle, die mich in der Gebärmutter kitzelt. Und plötzlich kann ich auch wieder lachen. Und bemerke, dass meine Schwester auch bereits angekommen ist. Der Verkehr war gut und so hat sie von Jena über Wolfsburg zu mir nicht so lang gebraucht. Also können wir zu dritt herumblödeln und Witze machen, über die irrsinnige Situation. Wir bekommen ein Kind, meine Schwester wird Tante und ich spüre so gar nichts mehr. 😇


Die Hebammen wirken etwas besorgt, da durch die PDA der natürliche Geburtsvorgang quasi etwas abgebrochen wird. Der Wehentropf wird angeschlossen und kontinuierlich wird die Dosis erhöht. Der Muttermund ist nun zwar vollständig geöffnet um 18 Uhr, doch die Presswehen sind noch nicht stark und häufig genug. Nur nicht den Abend vor dem Tag loben. Denn bisher war es vielleicht etwas schmerzvoll, doch jetzt beginnt die eigentlich anstrengende Arbeit, das sagt einem nur keiner und bei RTL 2 wird diese Szene auch immer arg verkürzt dargestellt bei "Die Babystation"....!

(Ja, ich weiß, das ist trash, aber es hat mir durch die Schwangerschaft als eine Art Geburtsvorbereitung geholfen.)


Das Pressen ist so wahnsinnig Kräfte zerrend. Ich wusste gar nicht, dass ich so viel Luft in meinen Körper aufsaugen und auspusten kann!! Aller 2-4 Minuten hole ich zweimal tief Luft, um sie dann dreimal hintereinander lang auszupressen. Ein Tag im Gym ist nichts dagegen. Wir probieren es zuerst im seitlichen Sitzliegen im Bett. Danach im Vierfüßlerstand auf dem Bett. Es ist wahr, hier ist dein Köpfchen schon sichtbar. 😍

Und dann wechseln wir an das Tuch. Meine Schwester hält mich auf der einen, mein Freund an der anderen Seite und dann presse ich, was das Zeug hält. Zu kurz, ich schaffe es nicht, wirklich frei zu sein, aus Angst, da etwas anderes herauszupressen, als unsere Tochter. Doch die Hebamme macht Mut und alle anderen spornen mich an, weiter fleißig am Ball zu bleiben. Der Arzt ist mittlerweile auch mit im Zimmer.


Immer dann, wenn die Herztöne etwas schwächer werden, nicht zu schwach, dann dreht er das Gerät einfach leiser. Guter Mann! Und dann kommt es, das Köpfchen. Es hängt im Becken, ich kann verdammte Kacke nochmal die Haare fühlen. Was für ein Wunder ist das denn bitte. Wir wechseln noch ein letztes Mal die Position. Auf den Hocker. Thomas hält mich von hinten, meine liebe Schwester wechselt in die Ecke und hält den Moment auf ihre Weise fest. Und dann presse ich um mein Leben, noch bestimmt siebenmal. Und als ich schon glaube, es wird nichts mehr, dann versuche ich noch ein letztes Mal alles zu geben, scheiß auf die Wehen, ich will dich jetzt bei mir haben, und da kommst du. 18:45 Uhr in Hamburg auf die Welt. Zuerst der Kopf, dann der Körper und dann bist du da und wirst mir direkt in die Arme gelegt. Du bist bei mir, kleine Maus, bist noch sehr ruhig, zu ruhig, was ist los? Der Arzt nimmt dich kurz mit, es ist noch etwas Fruchtwasser in deiner Lunge. Die muss raus. 


Und schon wirst du mir wieder gebracht und auf die Brust gelegt. Du bist nicht hungrig, sondern erschrocken, dass du nun woanders, als in Mamis behütetem Bauch liegst. Und ich fühle nichts als Glück. Ich bin schwach, aber mir geht es gut, uns geht es gut. Wir sind eine Familie.


Und so harren wir aus bis die erfahrenere Hebamme bemerkt, dass es schon fast eine Stunde nach der Entbindung ist und die Nachgeburt noch immer nicht kam. Ich spüre auch keine Nachwehen oder Ähnliches. Tja, das ist nicht gut, denn es kommt anstelle der Plazenta sehr viel Blut. Zu viel. Jetzt geht es ganz schnell. Der Frauenarzt erscheint und meint, es sei zu wenig Zeit für Aufklärung und Erklärungen, sie müssten jetzt operieren. Ich verliere zu viel Blut, das kann gefährlich werden. Mittlerweile ist auch nicht nur der Arzt im Raum neben den Hebammen, es sind noch die Oberärztin, ein Anästhesist, eine Schwester und eine OP-Schwester zu Gange, alle um mich herum aufgestellt, was ziemlich bedrohlich, aber auch gut organisiert wirkt. Meine Beine werden an die Liege festgebunden. Ich erhalte noch zwei weitere Zugänge, der Anästhesist fragt mich nach meinem Gewicht und was ich wann zu mir genommen habe, dann bekomme ich auch schon einen Tropf und dann eine Spritze. Gefühlt 2 Tage später wache ich auf, verdattert und gerädert. 


Thomas mit dir auf dem Arm und meine liebe Schwester kommen leichenblass und mit besorgten Minen ins Zimmer zu mir und wissen nicht, was los war. Ich auch nicht so genau. Aber die Plazenta ist jetzt raus. Sie musste ausgeschabt werden, sie hatte sich an der Gebärmutterwand festgesaugt. Das muss ich nach wie vor noch verarbeiten. Aber es waren keine Tage, nicht mal Stunden. Der Eingriff dauerte nur 20 Minuten. Minuten, in denen meine Familie nicht wusste, was mit mir passiert. Meine Tochter an der Brust ihres Papis, gefüttert mit dem Kolostrum aus der Spritze, was ich zuvor mühevoll ausgedrückt hatte (zum Glück!). Haha, ein Tipp der Hebamme, da ich ja Gestationsdiabetes bescheinigt bekommen hatte (lest das gern nochmal hier nach), Gold wert!


Aber egal wie sonderbar die Minuten nach der Geburt waren, die Momente jetzt sind unbeschreiblich und für immer in meinem Gedächtnis! Du kleine Maus bist ab jetzt ein Teil von uns, für immer. Du bist unser Wunder. Wir sind eine Familie. Ich liebe dich!


Svea Amalie • 51cm • 3400g • 18:45Uhr • blaue Augen • volle dunkle Haare

Ich bedanke mich bei allen Hebammen und Schwestern, die uns in den ersten Tagen unterstützt haben. Es ist nicht normal heutzutage so gut und rundum betreut zu werden. Ich hatte anstelle keiner Hebamme, gleich zwei, die sich rund um die Uhr um uns gekümmert haben und immer an unserer Seite waren. Gerade in dieser schweren Zeit, in der Kassen die Leistungen kürzen, Krankenhäuser wenig Geld in die Geburtshilfe investieren (weil sie nicht rentabel ist) und die Versicherungen immer teurer werden, weiß ich es zu schätzen, wie grandios wir 24/7 betreut wurden! Ein herzliches und riesengroßes Dankeschön.


Und ich möchte mich bei meinem Schatz bedanken.

Wir haben etwas wunderbares gemeinsam erschaffen, einfach so.

Ich konnte mir keine bessere Unterstützung im Kreißsaal wünschen. Zudem empfand ich es als großen Segen, diese unvergessliche Zeit mit meiner Schwester, meiner besten Freundin, teilen zu können. Du warst so lieb und tapfer und irgendwie hast du es geschafft, einfach da zu sein auf eine ganz angenehme, hilfreiche Art.

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